Die Geschichte der Marktgemeinde Neudorf im Weinviertel

Die Anfänge

Die Gegend um Neudorf war bereits in der Jungsteinzeit (ca. 5000 bis 1800 v. Chr.) dicht besiedelt. Davon zeugen Funde bei Ausgrabungen am „Schmalzberg“, auf dem Areal des Gutes Rothensee der Familie Breiner.

Auch aus der darauffolgenden Bronzezeit (1800 bis 800 v. Chr.) machte man in Neudorf im Jahre 1907 einen großen Fund (ausgestellt im Krahuletzmuseum in Eggenburg). In der Eisenzeit (ca. 800 v. Chr. bis 50 n. Chr.) wanderten die Kelten aus dem heutigen Frankreich in unsere Gegend. Sie vermischten sich mit den Illyrern nördlich der Donau. Von der Besiedelung unserer Gegend in der Eisenzeit zeugen Reste einer Hütte mit Herdgrube, die man am Mühlberg in Zlabern entdeckte. Auch am Schmalzberg gibt es Nachweise für Besiedelung.

In Neudorf fand man bei Ausgrabungen Scherben einer germanischen Siedlung und auch eine Reihe von langobardischen Gräbern aus dem 5. und 6. Jahrhundert.

Erste urkundliche Erwähnungen

1240 wird Neudorf zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Das Geschlecht der Maissauer, denen die Herrschaft Staatz gehörte, erhielt damals vom babenbergischen Landesfürsten zehn Zinslehen in „Newendorf“.

Manche Historiker sprechen auch davon, dass mit dem im 1176 erwähnte „Neundorf“ Neudorf gemeint sei. Diese Angaben sind aber unsicher. Neudorf ist ein uralter Siedlungsplatz: Illyrer, Kelten, Germanen, Awaren, Slawen, Franken und Bayern haben hier ihre Zelte aufgeschlagen. Die Ortsanlage ist eine gemischte: teilweise Straßendorf und teilweise angerdorfähnlich. Es gibt auch Aspekte, die an ein Haufendorf erinnern. Die typische Häuserform ist wie in Kirchstetten der fränkisch-bayrische Haken- bzw. Zwerchhof.

Das Mittelalter

Aufgrund von großen Naturkatastrophen im Jahr 1310 kam es zu einem Ausfall der Getreideernte und infolgedessen zu einer Hungersnot in Neudorf. 1338 fielen die Wanderheuschrecken ein: Pest und Hungersnot waren die Folgen. Im Spätmittelalter wurden viele Orte aufgegeben (in der Neudorfer Gegend: Blaustauden), da der Zuzug in die Städte sehr attraktiv war und die leibeigenen Bauern dort frei werden konnten.

Markterhebung im Jahre 1508

Nach dem Erbfolgestreit und schweren Kämpfen mit den Ungarn waren ganze Dörfer (wie Rothensee, Goisdorf) dauerhaft vernichtet. Nach diesen Wirren und Katastrophen versuchten die Landesfürsten, die betroffenen Städte und Dörfer durch die Verleihung von Privilegien wirtschaftlich wieder aufzubauen. Neudorf erhielt im Jahre 1508 von Kaiser Maximilian I., dem „letzten Ritter“, das Marktrecht. Die Einwohner wurden dadurch zu Bürgern, Neudorf erhielt das Recht auf einen Jahrmarkt am Sonntag Letare, sowie das Recht auf einen Montagswochenmarkt (1510 verlegt auf Dienstag).

Um die Kriegszüge ihrer Landesfürsten und die Hofhaltung der Grundherrn zu finanzieren, mussten die Bauern immer höhere Naturalleistungen und Geldzahlungen entrichten. Auch die Robotleistungen, die die unfreien Bauern zu leisten hatten, wurden immer härter. Im Zuge der Reformation kam es schließlich im Raum Neudorf (1597) zu einem großen Bauernaufstand, der jedoch erfolglos blieb.

Im 17. Jahrhundert eskalierte der Konflikt zwischen den Glaubensrichtungen im 30-jährigen Krieg. Die Gegenreformatoren unter dem Habsburger Ferdinand II. hatten den schwedischen König Gustav Adolf auf den Plan gerufen. Die Schweden kamen auch ins Weinviertel, brannten 1645 Neudorf nieder und besetzten Zlabern.

Der "Westfälische Frieden" brachte nur einen kleine „Verschnaufpause“. Es folgten Hungersnöte und Seuchen (infolge einer Pestepidemie 1679 mussten sogar Massengräber errichtet werden).

Polenkönig Johann Sobieski kam auf seinem Rückzug von Wien, nachdem die zweite Türkenbedrohung durch seine Unterstützung abgewendet worden war, durch Neudorf. Sein polnisches Heer requirierte Lebensmittel und plünderte. Schloss Kirchstetten war zu dieser Zeit ein wehrhaftes Wasserschloss, das der Bevölkerung der Umgebung als Zufluchtsort diente.

Um dem Verfall der Region entgegenzuwirken und den Wiederaufbau zu fördern verlieh Kaiser Leopold I. am 23. Juli 1697 ein Privilegium an Neudorf: das Recht auf zwei weitere Jahrmärkte.

Unter Josef II. wurde in den "Josefinischen Kataster" eingetragen:
„Kirchstötten“ war damals ein „mit Lehm schlecht gebautes Dorf mit einem kleinen, soliden Schloss mit trockenem Graben und einem Meierhof mit Getreidekasten. Die Suttner-Mühle ist schlecht gebaut unter einer starken Quelle, deren Wasser durch Kirchstötten und in die Thaya fällt“. Der „Markt Neudorff“ wird auch als schlecht mit Lehm gebaut beschrieben, habe aber eine solide Kirche.

Das Schloss Kirchstetten wurde 1729 von der Familie Suttner erworben und nach den Plänen des Bauherrn Johann Bernhard Fischer von Erlach umgebaut. Im Jahre 1724 entstand die Neudorfer Kirche, der Turm wurde 1770 gebaut. Im Jahre 1784 wurde Neudorf eine eigene Pfarre (es hatte vorher zu Staatz gehört), in die auch Kirchstetten (vorher bei Wildendürnbach) und Zlabern (vorher zu Falkenstein gehörig) eingepfarrt wurden.

Politisch war das 18. Jahrhundert eine ruhige Zeit. Doch führte eine zweite Pestepidemie in den Jahren 1713/14 dazu, dass zwei Drittel der Häuser verödet waren. Neudorf gehörte damals zur Herrschaft Prerau; wurde 1755 von der Familie Suttner erworben.

„moderne Zeit“ im 18. Jahrhundert:

1724 wurde erstmals ein Schulmeister erwähnt, 1754 die erste Volkszählung abgehalten und im darauffolgenden Jahr wurde die erste Soldatenrekrutierung abgehalten. Immer wieder war die Gegend um Neudorf, Kirchstetten und Zlabern von den gesamteuropäischen Wirren und Kämpfen betroffen. So auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Napoleons expansive Politik führte zu jahrelangen Kriegen mit etablierten europäischen Herrscherhäusern. 1809 kamen die Franzosen auch nach Neudorf, Kirchstetten und Zlabern, wo sie 8 Tage lagerten, Vorräte beanspruchten und plünderten. Insgesamt dauerte die Belagerung in der Umgebung von Neudorf ein halbes Jahr.

1826/27 wurde in Neudorf die Schule gebaut (allgemeine Schulpflicht durchgesetzt)
1848/49 staatliche Bezirksgerichte werden anstelle der Landgerichte installiert – Neudorf gehört seither zum Gerichtsbezirk Laa
1850 brachte Gustav Ritter von Suttner die erste Getreidemähmaschine aus Amerika nach Kirchstetten
1866 waren die Preußen in Neudorf: sie requirierten, plünderten und schleppten die Cholera ein
1867 wurde die erste Dreschmaschine in Zlabern ausprobiert und im selben Jahr wurde die Kirche erbaut
1876 Erdbeben in der Großgemeinde
1889 wurde die Ortsfeuerwehr in Neudorf gegründet, da es immer wieder zu Bränden kam.

20. Jahrhundert

1911 Neudorf erbaut die Wasserleitung und wird 1923 elektrifiziert. In beiden Weltkriegen blieb die Großgemeinde von direkten Kampfhandlungen weitgehend verschont. 1945 gab es in Zlabern Gefechtshandlungen.

Mit 1. Jänner 1971 wurde die Gemeindezusammenlegung wirksam: Neudorf - Kirchstetten - Zlabern wurden zu einer Großgemeinde.

Wappen der Marktgemeinde Neudorf bei Staatz Verleihung des Marktwappens
1986 wurde der Marktgemeinde das Marktwappen im Niederösterreichischen Landhaus verliehen. 

 

 

1998 war Schloss Kirchstetten Schauplatz der Niederösterreichischen Landesausstellung. Im selben Jahr wurden hier die ersten Soldatinnen und Soldaten der Republik Österreich angelobt.
2001 wurde der Pfarrkirche Neudorf ein neuer Kirchturmhelm aufgesetzt. Nach Vorbild des gotischen Helmes, welcher von 1873 bis 1949 aufgesetzt war und in den Kriegswirren von 1945 zerstört wurde. Der neue Helm ist Zeichen über Generationen, ein Symbol des Glaubens und des Friedens.